[IE-Ringvorlesung] Kritik / Widerspruch / Widerstand

Gegen-Expertise – Poulantzas‘ Kritik der Arbeitsteilung als Beitrag zu einer ‚neuen Klassenpolitik‘

Alexander Gallas (Kassel)

 30.01.2017 18:30 im Hörsaal A

Es ist ein großes politisches Rätsel unserer Zeit, warum ArbeiterInnen in einer Situation der Krise des Neoliberalismus rechte politische Kräfte unterstützen, die sich für Steuersenkungen für Reiche, Kürzungsmaßnahmen im Sozialbereich und autoritäre Formen des Krisenmanagements einsetzen. Auf der Suche nach einer Antwort möchte Alexander Gallas eine Spur verfolgen, die Nicos Poulantzas in seinen klassen- und staatstheoretischen Schriften gelegt hat.

Poulantzas zufolge hält der Staat eine Arbeitsteilung aufrecht, die die Bevölkerung in ExpertInnen und Unkundige einteilt und somit zur Aufrechterhaltung von Klassenherrschaft beiträgt. In linken Diskussionen um politische Antworten auf die Krise und ‚neue Klassenpolitik‘ wird dieser Zusammenhang kaum diskutiert. Rechte Diskurse verfangen nach Gallas auch deswegen, weil sie ihn indirekt zum Thema machen: VertreterInnen der Rechten beanspruchen nicht nur, für ‚das Volk‘ zu sprechen, sondern sie machen unter Berufung auf den ‚gesunden Menschenverstand‘ auch Stimmung gegen ‚die Elite‘, ‚Experten‘ und ‚Intellektuelle‘. Angesichts dessen wäre es Aufgabe einer ‚neuen Klassenpolitik‘ von links, die kapitalistische Arbeitsteilung und das mit ihr verbundene Expertentum zu kritisieren – aber ohne dabei in einfache Personalisierungen zu verfallen und das kritische Potential von erklärendem Wissens zu ignorieren.